Utopie in Utrecht Leidsche Rijn

De Zwarte Hond und Faro entwerfen einen langfristig nachhaltigen Stadtblock, der auf Monumentalität, Zirkularität, Mobilität und sozialer Nachhaltigkeit basiert.

De Zwarte Hond hat zusammen mit Faro einen Entwurf für ein nachhaltiges und inklusives „Familistère“ im Stadtteil Leidsche Rijn in Utrecht erstellt. Eine Vereinbarung über die Realisierung wurde zwischen SBB Ontwikkelen en Bouwen (Smit's Bouwbedrijf) und Coltavast mit der Stadt Utrecht getroffen. „Familistère“ ist eine Anspielung auf die Ideen des französischen Industriellen Godin, der im 19. Jahrhundert einen monumentalen Wohnkomplex für alle seine Fabrikarbeiter errichten ließ. Auch im Leidsche Rijn wird das „Familistère“ ein Ort, an dem die Bewohner gemeinsam arbeiten, wohnen und ihre Freizeit verbringen.

Urbane Identitäten
Kavel I5 in Leidsche Rijn Centrum, wo „Familistère“ gebaut wird, hat zwei urbane Identitäten: eine räumliche Identität mit Blick auf einen Park und einen Platz und eine persönlichere Identität mit den Stadtblöcken an der Nord- und Ostseite. Jeder der einzelnen Baublöcke bezieht sich auf seine eigene Weise auf die Straßen und den Charakter der angrenzenden Nachbarschaften. Auf der räumlichen Seite werden höhere Gebäudevolumen errichtet, die sich stark mit dem Park und dem Platz verbinden. An der anderen Seite stehen die niedrigeren Volumina im Einklang mit der kleineren Körnung der umliegenden Stadtblöcke. Aufgrund seiner klaren Kohärenz bildet „Familistère“ auf der Parkseite einen großen urbanen Block. Insgesamt besteht das Gebäude aus vier Baukörpern mit 122 Wohnungen, 60 Tiefgaragenstellplätzen, 525 Fahrradstellplätzen und 300 m² Nutzfläche.

Kollektives Wohnen

Der Entwurf von De Zwarte Hond und Faro ist inspiriert von dem monumentalen „Familistère“ des französischen Industriellen Jean-Baptiste André Godin aus dem 19. Jahrhundert in Guise, in Frankreich. Dieses „Familistère“ beherbergte alle Arbeitenden der Godin-Fabrik, einschließlich Direktoren. Godin war gegen die Klassenteilung und in seinem „Palais Social“ waren alle Arbeiter gleichberechtigt. Das Gebäude, das aus 558 Wohnungen und 350 Maisonetten bestand, hatte einen zentralen Innenhof unter einem Glasdach. Die Bewohner lebten, jedenfalls für damalige Verhältnisse, ein komfortables und sogar luxuriöses Leben, mit fließendem Wasser, Heizung und Toiletten. Godin verwirklichte damit eine Utopie des 19. Jahrhunderts, in der die Bewohner gemeinsam arbeiteten, wohnten, sich sozialisierten und ihrer Persönlichkeitsentwicklung feilten.
Als Ganzes fügt sich der Block in den städtebaulichen Rahmen ein. Die Kompartimentierung in den verschiedenen Gebäuden macht alle vier Gebäude zu Unikaten. Sie unterscheiden sich zum Beispiel durch Differenzen im Rhythmus, im Sockelbereich, in der Verwendung von Farbe und in der Plastizität. Die Detaillierung der Pfeiler, die Dimension des Fassadenrhythmus, die Gesamtgestaltung und die Materialisierung verleihen jedem der vier Gebäude ein eigenes Erscheinungsbild und sorgen für Vielfalt. Jedes hat seinen eigenen großzügigen Haupteingang und alle Gebäudeblöcke sind durch eine klare Struktur voneinander getrennt. Die Kohärenz des gesamten Blocks wird durch den durchgehenden Sockel gewährleistet, der überall die gleiche Höhe besitzt.

Gebündelte Funktionen
Innerhalb des Wohnblocks werden die Wohnbedürfnisse gebündelt und mehrere Funktionen an einem Ort zusammengeführt. So gibt es zum Beispiel, ganz im Sinne Godins, einen zentralen Innenhof unter einem Glasdach: das Atrium. Dies ist nicht nur ein Ort der Begegnung, sondern auch ein Raum für Grün, für Entspannung und Bewegung. Es trägt zur Zirkularität bei, indem es den Energieverbrauch begrenzt, und erhöht den Wohnkomfort der Bewohner das ganze Jahr über.

Wohntypologien
Die Häuser orientieren sich stark an der Straße. Alle verfügen über einen großzügigen Außenbereich und viel Glas. Es gibt eine große Vielfalt an Typologien - Wohnungen im Erdgeschoss mit eigenem Eingang und eigenem Arbeitsplatz der Straße zugewandt, Maisonette-Wohnungen über zwei Etagen und Wohnungen mit geringerer Grundfläche. Durch diese Vielfalt an Typologien ist der Komplex für unterschiedliche Nutzer attraktiv und kann auch den Bedürfnissen von jungen Paaren, Berufseinsteigern, Alleinerziehenden und älteren Menschen gerecht werden.

Nachhaltiges Wohngebäude
Für das Wohngebäude wird eine Betonhülle verwendet, die so aufgebaut ist, dass auch in Zukunft maximale Flexibilität gewährleistet wird. So lassen sich die Wohnungsgrößen leicht anpassen. Der Rohbau ist zukunftssicher und kann mindestens 300 Jahre bestehen. Das gilt auch für die Außenfassaden, die 200 Jahre halten können, und die Innenfassaden, die 50 Jahre bestehen können. Durch den Einsatz von flexiblen Sockelleisten ist es möglich, zukünftige Funktionen zu variieren. Für die Konstruktion und den Ausbau werden runde Elemente verwendet, die im Materialpass enthalten sind. Dies gilt auch für die Innenfassaden des Atriums und die Kreuzlagen-Holzkonstruktion der Maisonetten auf dem Dach. Durch die Verwendung eines Glasdaches entsteht ein Atrium, das die vier Gebäude zusammenführt und so einen gemeinsamen Ort für die Bewohner schafft. Das Atrium fördert die soziale Nachhaltigkeit, denn hier können verschiedene Bewohnergruppen miteinander in Kontakt treten. Das Atrium wird ein angenehmer grüner Ort, um Zeit zu verbringen und andere zu treffen, mit Gemüsegärten und Wandschränken mit Büchern und Spielen für die gemeinsame Nutzung. Das begrünte Dach und das Atrium bieten eine Lösung gegen Hitzestress und Überschwemmungen und tragen auch zur Artenvielfalt bei. Auf dem Dach wird Wasser gespeichert, um die Pflanzen des Atriums im Sommer mit Wasser zu versorgen. Fahrradabstellplätze im Erdgeschoss regen die Nutzung von Fahrrädern an.

KavelI5
Der Kavel I5-Auftraggeber ist SSB Ontwikkelen en Bouwen und Coltavast. Das Projekt wurde gemeinsam von De Zwarte Hond, Faro, OKRA, Nibe, Hiensch, Urban Sync, Nieman und Pieters Bouwtechniek realisiert.